Stiftgespinste...
Stiftgespinste...
Ausstellungsdauer
09.05. bis 14.06.2015
Öffnungszeiten:
Freitag 15h - 19h
Vernissage,
Samstag, 9. Mai 2015, 19h
... Spielereien mit dem Stift
von Julie Zehetner
„Man kann sich auf die Linien verlassen. Die Seele folgt und wächst mit ihnen“
Giorgio de Chirico
Julie Zehetner, 1983 in Regensburg geboren, hat Kulturwissenschaft und Anglistik studiert und ist heute Dozentin für Deutsch als Fremdsprache.
Sie zeichnet bereits, seit sie einen Stift halten kann. Schon immer hat sie zu den verschiedensten Gelegenheiten gezeichnet: an ruhigen Nachmittagen zu Hause, auf langweiligen Partys, in Schulstunden… Und seit sie denken kann, entstehen „Gespinste“, wann immer sie einen Stift aufs Papier setzt. Die Frage, was sie da eigentlich zeichnet, hat sie als Kind und Jugendliche meist mit „Nichts.“ beantwortet. Und das ist bis heute so geblieben.
Ihre „Stiftgespinste“ sind für sie Entspannung und auch eine Art der Meditation, besonders dann, wenn sie zu Musik malt. Beim Zeichnen lässt sie ihren Gedanken freien Lauf. Auf dem Papier verspinnen sich ihre Linien dann immer weiter in sich selbst und suchen und finden immer neue Anknüpfungspunkte. Sie möchte ihre Bilder nicht zu sehr „verkopfen“ oder „zerdenken“. Es ist was es ist! Julie Zehetners Gespinste stellen selten etwas Konkretes dar. Es ist immer erst der aufmerksame Betrachter, der in den Zeichnungen verschiedenste Objekte, Tiere und Pflanzen entdeckt.
Julie Zehetner zeichnet mit fast jedem Stift, der ihr in die Finger kommt und besitzt eine ständig wachsende Zahl von Schreib- und Zeichenutensilien. Was für andere Frauen Schuhläden sind, sind für sie Schreibwarengeschäfte. Beim Ausprobieren verschiedenster Stifte können Stunden vergehen.
Wie ein Tennisspieler ausprobiert, wie verschiedene Schläger in der Hand liegen und wie sich der Aufschlag anfühlt, probiert Julie aus, wie verschiedene Stifte in der Hand liegen und wie sie sich beim Aufsetzen aufs Papier verhalten. Den ersten Strich auf ein weißes Blatt Papier zu setzen, übt für sie bereits seit ihrer Kindheit eine besondere Faszination aus.
„Stiftgespinste“ ist Julie Zehetners erste Ausstellung.
Textgespinst zu Bild Nr.8, „Intrikat 1“
Durcheinander
Dichtes Gedränge
Irrwege
Stäbe und spitze Speere
Schnörkel und weiche Kurven
Auge um Auge, Mund um Mund
Dynamik
Pulsierendes Leben
von Britt Dalen Laux
Textgespinst zu Bild Nr. 13, „Doodle 2“
Alles verknotet
Musik erschallt
im verbogenen Violinschlüssel
verknotete Harmonien
und dahinter schweigen die Gespenster
sie schauen zwischen den Klängen hervor
lächelnde Kohlenaugen,
ein wachendes Auge,
das niemals schläft
eine Fratze verbittert,
zittert im Blechgeschrei,
im Fortissimo streichelt der Violinbogen den Gespensterreigen
und eine Blüte schwebt schweigend,
im Schall manch ein Gesicht verloren,
Pupillen verbogen,
alles verknotet
von Martin Stauder
Textgespinst zu Bild Nr. 31 „Draufsicht groß“
VOGELPERSPEKTIVE
Den Blick von oben
auf das Geschehen richten -
Zwischendrin der Abstand
zwar lose, doch lückenlos.
Den Abstand halten -
festhalten - erstmal.
Die unaufhaltsam näher kommende Distanz begreifen,
ruhen lassen und reifen,
um am Ende das Geflecht
der Missverständnisse
zu entwirren,
die strengen Knoten
der Hilflosigkeit
zu lösen,
sich aus den Schlingen
der Verstrickung
zu befreien und
nicht länger stumm zu sein.
Kantige Begegnungen abrunden und klaren Linien folgen
- geradeaus -
mal durch dicht besiedeltes Terrain,
mal durch abgemessenen,
freien Raum
bis hin zu diesen Punkten,
an denen sich Wege kreuzen und
Wege wieder trennen.
Zum Rand der Geschichte laufen,
abbiegen und dann noch weiter
ein Stück der Wahrheit entlang,
die Markierung dabei
im Auge behalten.
Vielleicht dort länger bleiben?
Vielleicht nur verweilen?
Vielleicht gleich wieder zurück?
Oder
vielleicht ganz aus der Geschichte
verschwinden?
von Gitti Schwonburg
Textgespinst zu „Cubi I“ und Bild Nr. 12 „Seen“
Die Würfel, die sich zu einem Stern zusammen bilden,
ganz klein in der Mitte des Bildes.
Ich müsste ihn einkreisen und bemalen,
denn wenn ich den Stern zeigen will,
ist er wieder weg
und wenn ich den Stern zeige,
heißt es noch lange nicht,
dass Sie ihn ebenfalls erkennen können.
Das ganze Gebilde wirkt wie ein „cubistisches“Fischernetz.
Für die Fische, die so im virtuellen All herumschwirren?
Eine Matrix mit der sie eingefangen werden könnten.
Beim nächsten Matrix-Netz,
bin ich froh etwas blaue Seen zu sehen.
Welch eine Oase,
welch eine Wohltat diese Inseln zu sehen.
Das Auge darin zu baden,
nicht mehr suchen
oder etwas finden
oder vom Zwang
etwas hinein interpretieren zu müssen,
befreit zu sein.
von Sita Angelika Völkel
Die kreative Schreibgruppe trifft sich zweimal im Monat zum Schreiben und Textaustausch und ist von www.sabine-raedisch.de entsprungen.
Die neue Homepage der Künstlerin Julie Zehetner www.stiftgespinste.de